Geschichte
Vorläufer und Vorbild der Schützengesellschaft war die am 05.01.1775 in Elberfeld gegründete sogenannte „erste Lesegesellschaft“ . Sie gehörte zu den ältesten aufgeklärten Vereinigungen im Rheinland. Prominenteste Mitglieder waren der Bankier Abraham Kersten und der Arzt und Schriftsteller Heinrich Jung, genannt Jung-Stilling. Die philosophische ästhetische Zielsetzung des Kreises fand Ausdruck in dem Wunsch, „es sei eine Veredelung des Menschen durch Vermehrung seiner Kenntnisse und Verfeinerung seiner Sitten anzustreben“. Zur Verwirklichung dieses Vereinszwecks wurde eine Bibliothek unterhalten und ein regelmäßiger Fachvortrag sowie eine gemeinsame Mahlzeit in geselligem Kreis vorgeschrieben.
Recht anschaulich ist ein Bericht des damaligen Mitglieds Professor Withoff aus Duisburg :
„In der allgemeinen Zusammenkunft am Mittwoch werden zuerst die mitgenommenen Bücher (denn auch zu dem häuslichen Gebrauch der Mitglieder sind sie bestimmt) wieder eingebracht, oder die fernere Beibehaltung angezeigt und nach Belieben wieder andere Bücher mitgenommen, ordentlich dies alles und protokollmäßig. Es wird Tabak geraucht, ein Glas Wein getrunken, in den verschiedenen Zimmern und des Sommers in dem niedlichen Lustgärtchen gewandelt oder angesessen und gesprochen. Etwa eine Stunde hernach, wenn eines von den Mitgliedern oder ein Fremder was vorzulesen hat, wird ein Zeichen gegeben, die Pfeifen hingelegt, die Hüte abgenommen, nicht weiter getrunken und bei einer allgemeinen Aufmerksamkeit alsdann gelesen……. Nachdem der Vortrag gehalten ist, wird hierauf der Tisch gedeckt und an einer schön geordneten Tafel ein wohl zubereitetes, aber nicht ungereimt verschwenderisches Abendmahl, mit verschiedenen guten Weinen eingenommen. Die durchgängige Ordnung, die Reinlichkeit, der Wohlstand und auch die Pracht sind allerdings lobenswerth.“
Der Rahmen, in dem die Entscheidungen, die die Lesegesellschaft betrafen, zustande kamen, war durch das Prinzip der Ballotage formal demokratisch. Von den Mitgliedern wurden allerdings bei Aufnahmen sehr hohe finanzielle Leistungen gefordert, z.B. ab 1784 bereits 100 Reichstaler und ein zusätzliches Darlehen von 250 Reichstalern, wobei sich dieser Beitrag für Gelehrte, die jährlich zwei Abhandlungen in die Gesellschaft einbrachten, auf vier Konventionaltaler ermäßigte. So konnte den damals allgemein geringen Einkünften von Akademikern, die für ein ansprechendes intellektuelles Niveau als Mitglieder erwünscht waren, Rechnung getragen werden.
Bereits Anfang des 19. Jahrhunderts war es zu einem allgemeinen Rückgang des Interesses an Lesegesellschaften gekommen. Auch der Charakter der ersten Lesegesellschaft und seine Mitgliederstruktur veränderte sich gravierend. An die Stelle der belehrenden Abhandlungen trat die Diskussion, zu der man allerdings täglich zusammentraf. Politische Tagesfragen standen im Mittelpunkt der Gespräche. Der Beitritt von Mitgliedern wurde erleichtert, einerseits durch die Erhöhung des Vetos bei der Ballotage auf mindestens ein Drittel der Stimmen und andererseits durch den nun nur noch fakultativen Ankauf von Anteilsaktien. Der Kreis gestaltete sich auf diese Weise offener. Dabei nahm das intellektuelle Niveau der Gesellschaft jedoch ab. Die Interessenlage der Mitglieder veränderte sich. An die Stelle der „Veredelung des Menschen durch Vermehrung seiner Kenntnisse und Verfeinerung seiner Sitten“ trat nun die „Erholung“ und das „gegenseitige Vergnügen“. Die Lesegesellschaft entwickelte sich zur Schützengesellschaft
Die Schützengesellschaft am Brill ist seit 1805 eine traditionsverbundene, aber zukunftsorientierte lebendige Vereinigung, deren Ziel es ist, ihren Mitgliedern vergnügliche Stunden und geselliges Leben im eigenen Gesellschaftshaus an der Roonstraße 17 in Elberfeld zu ermöglichen.
Gegründet zur Zeit Napoleons verzeichnete die Gesellschaft 1881 ihre höchste Mitgliederzahl mit 277 Mitgliedern. Danach ging es rapide bergab. 1904 zählte die Gesellschaft nur noch 153 Mitglieder. Bis 1935 schrumpfte die Zahl auf 75. Diese erhöhte sich jedoch deutlich durch die Vereinigung mit der Gesellschaft Casino im Jahr 1936. Die Nachkriegsjahre standen im Zeichen des Wiederaufbaus, der trotz angespannter Finanzlage durch großzügige Spenden von nur 127 Mitgliedern durchgeführt werden konnte. Das Wirtschaftswunder brachte Probleme neuer Art. An die Stelle des Schießens oder Kegelns als gesellschaftlich anerkannte sportliche Betätigung traten Reiten, Tennis und Golf. Kunst- und Museumsverein, Konzertgesellschaft und Theaterverein sorgten für ein vielfältiges und ansprechendes kulturelles Angebot außerhalb der tradierten Bürgergesellschaften.
Dessenungeachtet ist die Schützengesellschaft am Brill heute nach einer 200-jährigen Vergangenheit stets ein Ort gepflegter Geselligkeit geblieben. Die Mitglieder der Gesellschaft waren in der Vergangenheit stets politisch ungebundene Repräsentanten einer selbstbewussten bürgerlichen Gesellschaft. Sie waren immer vielseitig interessiert, traditionsbewusst und aufgeschlossen. Sie waren niemals Vereinsmeier und engagierten sich gleichwohl persönlich und finanziell für ihre Gesellschaft in dem Bewusstsein des Vorzugs, in angemessener Distanz in privaten Räumlichkeiten mit Gleichgesinnten heitere Geselligkeit pflegen zu können. Auch die heutige Mitgliederstruktur gewährleistet, dass in den Räumen der Schützengesellschaft am Brill von 1805 die allen ans Herz gewachsene Atmosphäre des Wohlbefindens langfristig erhalten bleibt.