Geschichte

Am 12. Oktober 1805 trafen sich 12 Freunde  und beschlossen, die „Errichtung einer Schützengesellschaft, um in einer traulichen Verbindung die Freuden des Schießens und der Geselligkeit anständig, frey und angenehm genießen zu können“. Äußerlicher Anlaß für die Gründung einer Schützengesellschaft war die Erlaubnis des damaligen Landesherrn Herzog Wilhelm gewesen, der anlässlich seines Besuchs am 02. August 1805 großzügig gestattet hatte, dass Bürger in Zukunft zum Andenken an seine Anwesenheit in Elberfeld regelmäßig ein Scheibenschießen veranstalten dürften. Anknüpfend an die Tradition der St. Sebastianus-Bruderschaft, einer Schützengilde, die zu Anfang des 16. Jahrhunderts in Elberfeld bestanden hatte, gründeten die Herren im Oktober 1805 die Schützengesellschaft, wobei schon damals der Schießsport als eine lediglich gesellige Veranstaltung führender Bürger betrachtet wurde. Die Gründer gehörten durchgängig der Gruppe der Unternehmer und Kaufleute an, die in Elberfeld verglichen mit anderen bergischen Städten außerordentlich zahlreich war. So gab es im Jahre 1802 in Elberfeld 279 Fabrikanten und Kaufleute mit eigenen Unternehmen und Geschäften, etwa dreimal soviel wie in Düsseldorf, der nächsten größeren Stadt im Herzogtum Berg. In den Händen dieser bürgerlichen Schicht befand sich nicht nur ein Hauptteil des Vermögens der Stadt, sondern auch das der gesamten „Landesindustrie“. Neben diesen wohlhabenden Bürgern gab es auf gleicher sozialer Stufe stehend Einzelpersonen aus der Intelligenz, wie die im Wuppertal stets angesehenen Geistlichen, höhere Beamte, Gymnasiallehrer, Ärzte und Advokaten.
Politisch unterschied bis 1807 die Stadtverfassung Elberfelds zwischen Einwohnern mit und ohne Bürgerrecht . Voraussetzung für das Bürgerrecht war neben dem Nachweis eines Vermögens von 200-300 Gulden die Ausübung eines ordentlichen Gewerbes. Juden und Einwohner mit geringerem Vermögen konnten nicht Bürger werden, sondern waren lediglich sogenannte Beisassen. Wichtiger Bestandteil des Bürgerrechts war das Wahlrecht für den zwölfköpfigen ehrenamtlich tätigen Rat der Stadt. Gewählt werden konnten nur Bürger reformierter Konfession. Obwohl jedes Jahr eine Neuwahl stattfand, stellten einige Familien oft über mehrere Jahre hinweg die Ratsmitglieder. Diese kleine Zahl von alteingesessenen, reformierten und verwandtschaftlich verbundenen Familien besaßen innerhalb der Stadtgrenzen Haus und Hof und bildeten den Kreis der „Meistbeerbten“. Andere oder neu hinzugezogene Bürger konnten nur über verwandtschaftliche Beziehungen in diesen Verbund aufgenommen werden. Die „Meistbeerbten“ übten entscheidenden Einfluss auf die Zusammensetzung des Rates aus. Sie wählten das siebenköpfige Schöffenkollegium des Stadtgerichts und wirkten beim städtischen Haushalt sowie bei der Rechnungsprüfung mit. Ihr Votum war maßgebend bei der Bestellung des Bürgermeisters. So besetzten in der Zeit von 1708-1808 Mitglieder der Familien von Carnap 14, Siebel 14, Wülfing 5, de Weerth 5, auf der Heyden 4 Mal dieses Amt.   Erst in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts war es einigen „ homines novi“ , die, wie die Rheinländer Simons und Kamp, die Märker Baum und Schniewind und die Hessen Kersten und Schuchard Anschluss an die wirtschaftlich führende Unternehmerschicht gefunden hatten, gelungen, auch in die städtische Führungsschicht aufzurücken.   Die Gründung der Schützengesellschaft fiel in eine Zeit allgemeiner bürgerlicher Organisierung nicht nur in Elberfeld. Im Zeitabschnitt von 1756-1819 war in ganz Deutschland eine Phase politischer Vereinsbildung angebrochen. Die damalige Zeit war zunächst durch Organisierungsbestrebungen einer kleinen Elite oberbürgerlichen Schichten und aufgeklärter Adliger gekennzeichnet. In einem anfangs positiven Verhältnis zum Staat verfolgte diese Elite ihre zumeist aufklärerischen oder patriotisch nationalen Ziele erstmals in freien Vereinigungen. Hatten Ende des 18. Jahrhunderts noch Adel und höheres Bürgertum die Gesellschaften oder Vereine beherrscht, so entstanden später in den 30 er und 40 er Jahren des 19. Jahrhunderts Kleinbürgerliche und Unterschichtvereine in größerer Zahl. Gleichzeitig stieg der Anteil des Kleinbürgertums in den noch fortbestehenden Oberschichtvereinen an.

Vorläufer und Vorbild der Schützengesellschaft war die am 05.01.1775 in Elberfeld gegründete sogenannte „erste Lesegesellschaft“ . Sie gehörte zu den ältesten aufgeklärten Vereinigungen im Rheinland. Prominenteste Mitglieder waren der Bankier Abraham Kersten und der Arzt und Schriftsteller Heinrich Jung, genannt Jung-Stilling. Die philosophische ästhetische Zielsetzung des Kreises fand Ausdruck in dem Wunsch, „es sei eine Veredelung des Menschen durch Vermehrung seiner Kenntnisse und Verfeinerung seiner Sitten anzustreben“. Zur Verwirklichung dieses Vereinszwecks wurde eine Bibliothek unterhalten und ein regelmäßiger Fachvortrag sowie eine gemeinsame Mahlzeit in geselligem Kreis vorgeschrieben.

Recht anschaulich ist ein Bericht des damaligen Mitglieds Professor Withoff aus Duisburg :

„In der allgemeinen Zusammenkunft am Mittwoch werden zuerst die mitgenommenen Bücher (denn auch zu dem häuslichen Gebrauch der Mitglieder sind sie bestimmt) wieder eingebracht, oder die fernere Beibehaltung angezeigt und nach Belieben wieder andere Bücher mitgenommen, ordentlich dies alles und protokollmäßig. Es wird Tabak geraucht, ein Glas Wein getrunken, in den verschiedenen Zimmern und des Sommers in dem niedlichen Lustgärtchen gewandelt oder angesessen und gesprochen. Etwa eine Stunde hernach, wenn eines von den Mitgliedern oder ein Fremder was vorzulesen hat, wird ein Zeichen gegeben, die Pfeifen hingelegt, die Hüte abgenommen, nicht weiter getrunken und bei einer allgemeinen Aufmerksamkeit alsdann gelesen……. Nachdem der Vortrag gehalten ist, wird hierauf der Tisch gedeckt und an einer schön geordneten Tafel ein wohl zubereitetes, aber nicht ungereimt verschwenderisches Abendmahl, mit verschiedenen guten Weinen eingenommen. Die durchgängige Ordnung, die Reinlichkeit, der Wohlstand und auch die Pracht sind allerdings lobenswerth.“

Der Rahmen, in dem die Entscheidungen, die die Lesegesellschaft betrafen, zustande kamen, war durch das Prinzip der Ballotage  formal demokratisch. Von den Mitgliedern wurden allerdings bei Aufnahmen sehr hohe finanzielle Leistungen gefordert, z.B. ab 1784 bereits 100 Reichstaler und ein zusätzliches Darlehen von 250 Reichstalern, wobei sich dieser Beitrag für Gelehrte, die jährlich zwei Abhandlungen in die Gesellschaft einbrachten, auf vier Konventionaltaler ermäßigte.  So konnte den damals allgemein geringen Einkünften von Akademikern, die für ein ansprechendes intellektuelles Niveau als Mitglieder erwünscht waren, Rechnung getragen werden.

Bereits Anfang des 19. Jahrhunderts war es zu einem allgemeinen Rückgang des Interesses an Lesegesellschaften gekommen. Auch der Charakter der ersten Lesegesellschaft und seine Mitgliederstruktur veränderte sich gravierend. An die Stelle der belehrenden Abhandlungen trat die Diskussion, zu der man allerdings täglich zusammentraf. Politische Tagesfragen standen im Mittelpunkt der Gespräche. Der Beitritt von Mitgliedern wurde erleichtert, einerseits durch die Erhöhung des Vetos bei der Ballotage auf mindestens ein Drittel der Stimmen und andererseits durch den nun nur noch fakultativen Ankauf von Anteilsaktien.  Der Kreis gestaltete sich auf diese Weise offener. Dabei nahm das intellektuelle Niveau der Gesellschaft jedoch ab.  Die Interessenlage der Mitglieder veränderte sich. An die Stelle der „Veredelung des Menschen durch Vermehrung seiner Kenntnisse und Verfeinerung seiner Sitten“ trat nun die „Erholung“ und das „gegenseitige Vergnügen“.  Die Lesegesellschaft entwickelte sich zur Schützengesellschaft
Die  Schützengesellschaft am Brill ist seit 1805 eine traditionsverbundene, aber zukunftsorientierte lebendige Vereinigung, deren Ziel es ist, ihren Mitgliedern vergnügliche Stunden und geselliges Leben im eigenen Gesellschaftshaus an der Roonstraße 17 in Elberfeld zu ermöglichen.

Gegründet zur Zeit Napoleons verzeichnete die Gesellschaft 1881 ihre höchste Mitgliederzahl mit 277 Mitgliedern. Danach ging es rapide bergab. 1904 zählte die Gesellschaft nur noch 153 Mitglieder.  Bis 1935 schrumpfte die Zahl auf 75. Diese erhöhte sich jedoch deutlich durch die Vereinigung mit der Gesellschaft Casino im Jahr 1936. Die Nachkriegsjahre standen im Zeichen des Wiederaufbaus, der trotz angespannter Finanzlage durch großzügige Spenden von nur 127 Mitgliedern durchgeführt werden konnte. Das Wirtschaftswunder brachte Probleme neuer Art. An die Stelle des Schießens oder Kegelns als gesellschaftlich anerkannte sportliche Betätigung traten Reiten, Tennis und Golf. Kunst- und Museumsverein, Konzertgesellschaft und Theaterverein sorgten für ein vielfältiges und ansprechendes kulturelles Angebot außerhalb der tradierten Bürgergesellschaften.
Dessenungeachtet ist die Schützengesellschaft am Brill heute nach einer 200-jährigen Vergangenheit stets ein Ort gepflegter Geselligkeit geblieben. Die Mitglieder der Gesellschaft waren in der Vergangenheit stets politisch ungebundene Repräsentanten einer selbstbewussten bürgerlichen Gesellschaft. Sie waren immer vielseitig interessiert, traditionsbewusst und aufgeschlossen. Sie waren niemals Vereinsmeier und engagierten sich gleichwohl persönlich und finanziell für ihre Gesellschaft in dem Bewusstsein des Vorzugs, in angemessener Distanz in privaten Räumlichkeiten mit Gleichgesinnten heitere Geselligkeit pflegen zu können. Auch die heutige Mitgliederstruktur gewährleistet, dass in den Räumen der Schützengesellschaft  am Brill von 1805 die allen ans Herz gewachsene Atmosphäre des Wohlbefindens langfristig erhalten bleibt.